Maron
Geliebte Maron!
Unser gemeinsamer Weg ist nach mehr als 6 Jahren zu Ende.
Wir sind unglaublich traurig, aber auch dankbar für das Vertrauen und die Liebe, die uns Maron geschenkt hat. Bevor sie zu uns kam verbrachte sie mehr als 5 Jahre in einer Qualhaltung und musste bei einem gewissenlosen Vermehrer ihr halbes Leben in Angst und Schrecken dahinvegetieren. Als Maron befreit wurde und das erste Mal Sonne, Licht, Wärme, genügend Futter, Streicheleinheiten und menschliche Zuwendung erfahren durfte, war sie damit völlig überfordert. Ihre Überlebensstrategie in den Jahren der Gefangenschaft war wahrscheinlich das nicht gesehen werden wollen. Erst nach und nach schloß sie uns in ihr Herz und bis zum Schluß gab es nur 3 Menschen, denen sie wirklich vertraute.
Im Verbund ihres kleinen Rudels lernte Maron irgendwann fröhlich zu sein, auf ihre ganz eigene Art. Sie liebte ihre Lara und ihre Jungs. Sie forderte ihre Streicheleinheiten ein und war doch immer etwas anders. Etwas ganz Besonderes eben.
Maronchen, wir vermissen dich so sehr. Hoffentlich hast du den Weg über die Regenbogenbrücke, den wir nicht mehr mit dir gehen konnten, gut alleine bewältigen können. Süße, wir wünschen uns aus tiefstem Herzen, daß du dort, wo du jetzt bist, mit den Gemeinheiten und den Bosheiten, die dir die Menschen angetan haben, versöhnt bist. Wir wünschen uns, daß du dort, wo du jetzt bist, deine geliebten Freunde wiedergefunden hast. Mach`s gut mein kleiner Engel, bis wir uns wiedersehen. Au revoir und grüß`mir unsere anderen Sternenbobtails.
Maron, eine ehemalige Zuchthündin aus Belgien. An Leib und Seele geschunden, damit billiger Nachwuchs für die Leute produziert wird, die auch bei der Anschaffung ihres Haustieres Geiz geil finden.
Unsere Fee trat 2009 in unser Leben. Maron ist eine ausrangierte Zuchthündin aus Belgien, die von RIN/Liberty for dogs aus einer Massenzuchtanlage befreit werden konnte. Sie war bei ihrer Befreiung ca. 5 Jahre alt und wurde nach einigen Wochen, die sie auf deren vereinseigenen Pflegestelle verbracht hatte, vermittelt.
Nach einer Woche schmiß die Adoptantin das Handtuch und bestand auf sofortige Rücknahme, weil sie diesen Hund nicht mehr aushielt. Die ehemalige Pflegestelle war inzwischen besetzt und bei uns war gerade ein Bobtailmädel in seine neue Familie gezogen, sodaß für Maron ein Platz frei war. Von ihrer Besitzerin wurde sie dann ganz kurzfristig vor unserer Haustür entsorgt, am Halsband aus dem Auto gezogen, weil sie keine Anstalten machte, sich auch nur 1 cm zu bewegen, landete sie bündig im Rinnstein. Nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte, der Hund keinerlei Regung zeigte, habe ich sie hochgenommen und reingetragen. Sie ging anfangs alleine keinen Schritt und wenn nur vorwärts, um dann irgendwann panisch auf der Stelle zu verharren und weder vor noch zurück zu laufen. Wir haben sie monatelang tragen müssen, von einem Zimmer ins andere, raus in den Garten und wieder rein. Mal ging es besser, mal wieder garnicht. Sie hatte vor allem und jedem Angst und kannte so viele Dinge nicht, die eigentlich völlig normal sind. Jahrelang hatte sie auf wenigen Quadratmetern im Dunklen leben müssen, wurde mit Hormonen vollgepumt, weil man damit ja 3 Hitzen pro Jahr erreichen kann und führte ein völlig isoliertes Leben. Gutgemeinte Ratschläge von selbsternannten "Spezialisten" , die denn vorschlugen, sie an einer Leine ständig hinterherzuziehen, haben bei uns nicht nur Kopfschütteln, sondern auch mitunter auch zu richtig Spaß geführt. Klar, wenn gerade ein Teppich unter Maron lag, wäre es vielleicht bis zur nächsten Tür gerutscht, aber spätestens da hätte sie sich mit den Beinen verfangen. Bis heute ist Maron nicht zu bewegen einen Schritt zu gehen, wenn sie sich nicht absolut in Sicherheit wiegt. Bis heute ist es ein Problem, wenn ich ein Möbelstück verrücke oder ein Karton, ein Einkaufskorb o. Ä. irgendwo steht, der da vorher nicht stand. Wir haben die ersten 1 1/2 Jahre sehr viel erreicht, haben mit Hundepsychologen zusammengearbeitet und nicht zuletzt hat sie auch im Kreis unseres Rudels viel Sicherheit gewonnen. Eine weitere Vermittlung wäre für sie aber das Ende gewesen und so ist sie ein Teil des Bobtailrefugiums geworden.
Alles, was nicht zur Routine gehört, ist für Maron ein Riesenproblem. Sie verfällt dann in eine Starre, hört einfach auf zu atmen und ist eigentlich garnicht da. Ganz bezeichnend dafür war ein Erlebnis in einer Tierklinik vor 2 Jahren. Der behandelnde Chef war stolz auf sein neues megateures und fast einzigartiges Herzultraschallgerät und bat mich dringend, unbedingt das Maronchen gut festzuhalten, damit bloß kein Kabel oder was auch immer beschädigt würde. Ich antwortete darauf nur, daß er keine Sorge haben müsse und festhalten völlig überflüssig sei, worauf dieser mehr als angefressen war. Die Untersuchung dauerte recht lange, Marons Herz ist nicht in Ordnung, aber das Gerät völlig unversehrt. Sie hat während der Untersuchung total regungslos dagelegen. Ganz flach geatmet, auch nur, weil`s ja ganz ohne nicht ging und war wie immer in für sie brenzligen Situationen ausgeschaltet. Erst vor der Tür der Tierklinik, wo ich sie absetzte, damit sie die letzten Schritte zum Auto alleine laufen sollte, taute sie wieder auf. Niemals wird sie ein ganz normaler Hund sein. Klar, sie ist lustig und spielt manchmal auch, sie ist unglaublich liebebedürftig und fordert ihre Streicheleinheiten auch ein, sie hängt an uns und ihrem Zuhause, aber ihre ständige Habachtstellung wird sie niemals ablegen. Jeder Tag ist für sie und uns eine neue Herausforderung, weil ein ganz normales Leben, mit Überraschungen, Urlauben oder Besuchen diesen Hund immer überfordern wird. Maron ist autistisch, sie braucht ihre kleine Welt, um glücklich zu sein und das wird sie bei uns bis an ihr Lebensende bekommen. Für uns und unsere Fee ist der Weg das Ziel und wir werden das gemeinsam meistern.
Sie hat die Chance bekommen, noch ein Leben außerhalb dieser Welpenfabrikationshallen führen zu dürfen, was vielen anderen Zuchthunden nicht vergönnt ist, die unversorgt und qualvoll irgendwann hinter diesen Mauern verenden, ohne jemals die Sonne, den Regen, den Wind und das Rascheln von Blättern kennengelernt haben. Die niemals eine streichelnde Hand gespürt haben oder einen Spaziergang gemacht haben.
Text: Sigrid Hofmann